EU-Gipfeltreffen: SPD drängt auf Reformen

Lange musste der französische Präsident sich gedulden. Vor rund einem Dreivierteljahr lieferte Emmanuel Macron an der Universität Sorbonne ein flammendes Plädoyer für ein stärkeres Europa, und stellte konkrete Vorschläge zur Diskussion. Macrons sprach sich unter anderem für ein Eurozonenbudget und einen eigenen Finanzminister der Eurozone aus, fordert eine verstärkte Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten in der Verteidigungspolitik, sowie die Schaffung einer gemeinsamen EU-Asylbehörde.

Nach langem Schweigen kam vor einigen Tagen endlich eine Antwort aus dem Kanzleramt. In einem Zeitungsinterview ging Angela Merkel auf Macrons Vorlagen ein. Wenn auch weniger visionär verpackt, ging die Kanzlerin in den Details doch auf Macron zu. Viele ihrer Vorschläge stehen auf Druck der SPD im Koalitionsvertrag.

Kohn: Austeritätspolitik beenden

„Die Europa-SPD setzt sich seit Langem für einen Neustart der Politik in der EU ein“, betont der Europaabgeordnete Arndt Kohn. „Es geht zum Beispiel darum, dass die Austeritätspolitik, die in Südeuropa ganze Regionen ins Elend gestürzt hat und Millionen junger Menschen ohne Arbeit und Perspektive lässt, kein Rezept für die Zukunft sein kann. Wir müssen Investitionen stärker auf die EU-Agenda setzen und dafür sorgen, dass die EU im Falle einer weiteren Finanz- oder Bankenkrise besser aufgestellt ist.“

In dem Zeitungsinterview bekannte sich die Kanzlerin zu einem europäischen Investitionshaushalt, der auch im Koalitionsvertrag steht. Ziel ist es, dass der Wohlstand in Europa durch Investitionen in wirtschaftsschwache Mitgliedstaaten angeglichen wird. Merkel zeigte sich auch der Idee aufgeschlossen, den Euro-Rettungsmechanismus in einen Europäischen Währungsfonds umzuwandeln, um Ländern in wirtschaftlichen Schieflagen unter die Arme zu greifen. Des Weiteren begrüßte Merkel Macrons Vorschlag zu gemeinsamen Militär-Interventionen der EU-Staaten.

SPD fordert Reformbereitschaft

Auf dem EU-Gipfel am 28. und 29. Juni werden die Vorschläge der französischen und der deutschen sowie weiterer Regierungen für Reformen der EU voraussichtlich zusammentragen und verhandelt. Die Staats- und Regierungschefs der EU27 (ohne Großbritannien) wollen in Brüssel auch über den Brexit und über das Euro-Währungsgebiet beraten.

Bereits diese Woche werden sich die EU-Kommission und der Rat im Europäischen Parlament zu dem anstehenden Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs äußern. Anschließend findet eine Plenardebatte zur Gipfelvorbereitung statt. Die Sozialdemokrat*innen werden diese Gelegenheit nutzen, ihren Forderungen für die Zukunft Europas Nachdruck zu verleihen.

„Frau Merkel und Herr Macron müssen auf dem Gipfeltreffen liefern. Sonntagsreden bringen uns nicht weiter in einer Zeit, in der Europa vor massiven Herausforderungen steht und sich gegen Kritiker von links und rechts behaupten muss“, so Arndt Kohn. „Der französische Präsident hat viele gute Vorschläge gemacht, die es nun in die Tat umzusetzen gilt. Es gibt aber auch noch Nachholbedarf: So fehlen zum Beispiel bislang konkrete Vorschläge, um Europa sozial gerechter zu gestalten. Mit einem klaren Signal für eine faire Steuerpolitik könnte Europa verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Hier würde ich mir mehr Einigkeit bei den Staats- und Regierungschefs wünschen.“

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